Wir schlagen unsere Zelte im Ishasha National Park auf und freuen uns auf eine weitere Campingnacht in der afrikanischen Savanne. Bei guter Unterhaltung am Lagerfeuer mit Geschichten und Witzen aus Deutschland bzw. Uganda werden wir bald müde und machen es uns in unserem Zelt zum Schlafen gemütlich. Das Feuer bleibt an und zwei Ranger aus dem Park halten Wache. Kurz lausche ich noch den nächtlichen Geräuschen und schlafe dann seelig ein.
Mitten in der Nacht werde ich aus dem Schlaf gerissen. Schlaftrunken versuche ich mich zu orientieren und herauszufinden was mich aufgeweckt hat. Die Antwort folgt sofort in Form eines markerschütternden Löwengebrülls. Ich habe so etwas noch nie gehört. Der Löwe muss sich ganz in unserer Nähe aufhalten. Ich spüre meine Angst im gesamten Körper. Yoyo ist auch wach geworden. Wir einigen uns darauf im Zelt zu bleiben und beruhigen uns etwas als wir bemerken, dass das Feuer flackert und die Ranger anwesend sind und sich leise unterhalten.
Wir lauschen gebannt in die Nacht, aber ein weiteres Löwenbrüllen bleibt aus. Es dauert noch eine ganze Weile bis wir uns beruhigen und irgendwann erschöpft in den Schlaf fallen. Am nächsten Morgen sind wir dankbar, dass wir die Nacht gut überstanden haben. Das Angstgefühl sitzt mir noch in den Knochen. Die Ranger erzählen uns von einem Löwen der sich auf der anderen Seite unseres Flusses, in ca 50m Entfernung aufgehalten hat. Aufgeregt begrüßen wir Frank, der von alldem anscheinend nichts mitbekommen hat. Und das glaube ich ihm nicht, weil ein Löwengebrüll eines der lautesten Laute im Tierreich ist und er ohne Ohrstöpsel geschlafen hat. Nichtsdestotrotz freuen wir uns auf den neuen Tag und legen für uns fest, dass wir nicht mehr zelten wenn es im National Park Raubkatzen gibt.
Im Nachhinein finde ich diese Erfahrung sehr wertvoll. Sie hat mich eine tiefe ursprüngliche Form von Angst erleben lassen: eine lebensbedrohliche Angst. Ob das nun so war oder nicht weiss ich nicht aber es relativiert jede Form von Angst oder Sorge, die man im Alltag in Deutschland erlebt! Es gibt den Begriff der German Angst, den man vielleicht mit Zögerlichkeit und wenig Risikobereit übersetzen kann und letztlich auch eine Form von Angst ist. Sie hat aber nichts mit der Angst ums nackte Überleben zu tun, wie Sie unsere afrikanischen Vorfahren hatten.
Sorgen und Angst können sich negativ auf unsere Körper auswirken. Vielleicht mache ich dazu mal einen Beitrag. Was ich für mich gelernt habe ist meine German Angst zu reflektieren. Das bedeutet, dass ich mir in bestimmten Situationen aktiv die Frage stelle, wie viel Sorgen ich mir darüber machen muss. Ist die Situation wirklich so bedeutsam und kann ich wirklich wissen in welche Richtung Sie sich entwickeln wird? Oft weiss man es nicht aber man fühlt sich gestresst deswegen. Und für diese Differenzierungsmöglichkeit der Angst bin bin ich dem Löwen tatsächlich sehr dankbar!